11+x Gründe…

…für meine Skepsis gegenüber den „Aktionen“ vom Zentrum für politische Schönheit und warum es sich nicht um Aktionen, sondern um Skulpturen (Strukturaushärtungen) handelt:

– Das ZPS lässt sich ihre vorweggenommenen, bereits auf gemeinschaftlichem Konsens beruhenden und damit nicht überraschenden Beobachtungen bestätigen. Sie kondensieren, dass
keine syrischen Flüchtlingskinder in Deutschland aufgenommen werden können (Die Kindertransporthilfe des Bundes, 2013),
die EU-Außengrenzen in Form von Zäunen nicht eingerissen werden können (Erster Europäischer Mauerfall, 2014),
die bundesdeutsche Flüchtlingspolitik die ertrunkenden Flüchtlinge im Mittelmeer nicht in ihren Blick nimmt (Die Toten kommen, 2015)

– Das ZPS baut in ihre Szenerien Situationen ein, die aufgrund einer (juristisch, geografisch, organisatorisch, architektonisch) fixierten Nomenklatur verlässlich, vorhersagbar und damit berechenbar und kalkulierbar sind:
Einreißen von EU-Außengrenzen ist nicht möglich
Bundesregierung reagiert auf Einladungen innerhalb weniger Stunden nicht
Repräsentanten sind über das Entfernen der Kreuze für die Mauertoten „not amused“
Demonstrationen in der Bannmeile sind verboten (§ 16 VersG, § 1 BefBezG)
Totentransporte auf Demos sind nicht erlaubt (§1 BestattungsG)
unvereinbarte Installieren von Skulpturen im öffentlichen Raum, hier im Areal des Bundeskanzleramtes, oder das Anlegen von Friedhöfen im öffentlichen Raum sind nicht erlaubt

– Es handelt sich somit bei den Aktionen des ZPS nicht um Wagnisse, Uneindeutigkeiten, Risiken, unvorhersehbare Turbulenzen, da immer eine strukturelle Zuverlässigkeit anwesend ist, die Überraschungen ausschließt. Diese Zuverlässigkeiten werden vorab dialektisch ermittelt: Was ist definitiv nicht möglich?:
die EU-Außengrenzen einzureißen
die Bundesregierung innerhalb weniger Stunden zu einem Event einzuladen
Demos in Bannmeilen
Totentransporte auf Demos
Neuinstallation von Skulpturen im öffentlichen Raum
Anlegen von Friedhöfen im öffentlichen Raum

– Somit finden keine Strukturverschiebungen, sondern Strukturaushärtungen statt. Es wird mittels medialer Wirkung ansichtig gemacht, was bereits bekannt und z.T. ansichtig ist.

– Das Ausgeschlossene wird sichtbar gemacht, aber ausgeschlossen gehalten.

– Grenzen und deren konstituierende Wirksamkeiten werden ansichtig gemacht, aber aufrecht erhalten.

– Aktionen werden in dem Moment abgebrochen, in denen das ZPS in Haftung genommen werden könnte und der Moment einsetzt, in dem eine Prozessualität in Gang gesetzt werden könnte:
Teilnehmer stehen an der EU-Außengrenze wenige Meter vor dem Grenzschutz: „Die Aktion Erster Europäischer Mauerfall ist beendet. Jeder handelt ab sofort auf eigenes Risiko!“
Teilnehmer der Demonstration am 21.6.2015 reissen die Zäune um die Bundestagswiese ein: „Die Aktion Die Toten kommen ist beendet. Jeder handelt ab sofort auf eigenes Risiko!“

– Die Rezipienten bleiben Rezipienten und werden nicht zu Teilnehmern, da ihnen mittels hierarchischer Moralisierung eigene Unzulänglichkeiten unterstellt werden und so eine struktuelle Distanz und Asymmetrie eingezogen wird, die verbleibt. Die Rezipienten werden mit einem Defizit ausgestattet, den diese (unmöglich) auszugleichen haben.

– Es findet keine Resonanzanreicherung der Aktionen statt.

– Populäre Bildproduktion (Schminke im Gesicht dient nicht wie konnotiert der Camouflage, sondern als Aufmerksamkeitsstrategie und Distinktionsmarkierung zu den anderen Anwesenden, z.B. auf der Demo).

– Die laute Protestattitude zieht sich bis in Umgangsformen und geben Auskunft über die Zielsetzung der Aktivitäten (z.B. Hände in den Taschen auf der Beerdigung, CI-geschminkte Gesichter auf der Beerdigung).

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