Die angekündigte Kontextverschiebung Alban Bergs Oper „Lulu“ in Raum, Zeit und Musik des Südstaaten-New-Orleans der 50er Jahre und ins New York der 70er Jahre erscheint zunächst als ein interessantes Gedankenexperiment. Was mag passieren, wenn Lulu, die junge Protagonistin in Bergs unvollendeter Oper von 1937 (nach literarischer Vorlage von zwei Tragödien von Frank Wedekind 1895 bzw. 1902) und ihr sozialer Auf- und Abstieg in ein gesellschaftliches Setting von Rassismus und Black Power Movement eingepasst würde? Was mag darüber hinaus passieren, wenn die Hautfarbe zum zentralen Thema und als Ursache für den Auf- und Abstieg der jungen Frau indiziert, wenn ihre Biografie als eine doppelte Emanzipation, sowohl von Geschlecht als auch von Ethnie erzählt und wenn lesbische Liebe als Moment widerständiger Selbstverwirklichung vorgeschlagen würde? Und was mag passieren, wenn Bergs ersten zwei Akte für ein 27-köpfiges Jazz-Ensembles neuinstrumentiert und der dritte neu geschrieben würde (die Rechte sind seit 2005 frei) und nun Blech- und Holzbläser, ein elektrisches Klavier, E-Gitarre, ein paar Streicher und eine Mississippi-Orgel den Klang des Geschehens bestimmen?